Blatzheimer Geschichte und Geschichten
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Caritas Blatzheim
Festrede zum 80-jährigen Jubiläum

von Bernhard Ripp
aus einer Rede anlässlich des 80jährigen Bestehens
der Caritas Blatzheim


Sehr geehrte Frau Bürgermeisterin, liebe Frau Lerschmacher, sehr geehrte Gäste!

80 Jahre Pfarrcaritas Blatzheim - 10 Jahre stationärer Mittagstisch hier im Kunibertushaus - ein Grund zu feiern, nachzudenken und zu danken. Zu danken gilt es all denen, die in tätiger Nächstenliebe - denn dies bedeutet das lateinische Wort Caritas - sich in all den Jahren seit 1925 um die Armen und Kranken, um die Hilfsbedürftigen gekümmert haben, die auch heute noch das Miteinander erträglicher gestalten.

Die kirchliche Caritas - die Nächstenliebe - ist ein Hauptmerkmal des Christentums über die Jahrhunderte hinweg. Ich erinnere nur an das Gleichnis vom barmherzigen Samariter. Caritas ist vor allem konkrete Hilfe für Menschen in Not - nach dem Beispiel Jesu Christi.

In Deutschland gibt es die organisierte Caritas seit dem 9. November 1897, gegründet durch Lorenz Werthmann, den ehemaligen Hofkaplan des Freiburger Erzbischofs. Werthmann knüpfte mit der Gründung des "Charitas-Verband(es) für das katholische Deutschland" an an das im 19. Jahrhundert stark angewachsene soziale Engagement vieler Priester - ich erinnere an Adolf Kolping oder Wilhelm Emmanual Freiherr von Ketteler -, er knüpfte an an das Engagement karitativer Ordensgenossenschaften und Vereinen ehrenamtlicher Helfer und Fürsorgevereinen. So erhielt die katholische Sozialarbeit eine anerkannte Stellung in Kirche, Staat und auch Kommunen. Heute ist der Caritasverband der größte Wohlfahrtsverband Deutschlands.

Auch in Blatzheim gab es Caritas - tätige Nächstenliebe, schon vor der Gründung im Jahre 1925. Pfarrer Erwin Düster, den viele von Ihnen noch kennen, der historisch sehr interessiert war, hat 1971 ein wenig über die Geschichte der Caritas Blatzheim festgehalten. So gab es einen kirchlichen Armenfonds, der 1909 einen jährlichen Ertrag von 294,47 Mark und eine Brotspende von 57,-- Mark erbrachte - Mittel, mit denen den Armen geholfen werden konnte. 1920 hatte dieser Fonds ein Kapital von 10.000,-- Mark und erbrachte einen jährlichen Betrag von 593,-- Mark - durchaus viel Geld für die damalige Zeit. Die Verwaltung dieses Fonds oblag dem Pfarrer, d. h. er bestimmte, wem geholfen wurde.

Offensichtlich infolge der Gründung des deutschen Caritasverbandes in Freiburg, dem sich bald alle Diözesen anschlossen, fasste die Kölner Diözesansynode 1924 den Beschluss, die Pfarreien anzuweisen, einen Caritas-Ausschuss zu bilden, der dem Diözesan-Caritasverband für das Erzbistum Köln angeschlossen wurde. So ist - wie Pfarrer Düster mitteilt - ein Schreiben des Diözesan-Caritas-Direktors Dr. Lenné an Pfarrer Wolters vom 29. 10. 1924 als Antwort auf einen Unterstützungsantrag erhalten. Im Visitationsfragebogen zur Bischöflichen Visitation 1925 sowie in der Pfarrchronik des gleichen Jahres wird der Pfarr-Caritas-Ausschuss erwähnt. Somit ist die 80jährige Verbandsarbeit nachgewiesen. Erwähnt ist auch, dass der Frauen- und Mütterverein der Pfarre dem Vorsitzenden dieses Ausschusses, Pfarrer Joseph Wolters, in der Caritas-Arbeit zur Seite stand. Die ambulante Krankenpflege wurde durch die Ordensschwestern in Kerpen (Arme Dienstmägde Christi) und in Buir (Cellitinnen aus Düren) geleistet. Nach der Errichtung des St. Gertrudisstiftes im Jahre 1933 übernahm die hier stationierte Krankenschwester die ambulante Krankenpflege und damit die Landkrankenpflegestelle Blatzheim.

Liebe Festgäste, gestatten Sie an dieser Stelle einen kleinen Exkurs. Es geht, wie gerade erwähnt, um die Gründung des St. Gertrudisstiftes im Jahre 1932 - eine Stiftung im Sinne der Caritas - der tätigen Nächstenliebe. Der Jesuitenpater Franz Bernhard Esser und seine Schwester Gertrud stifteten das elterliche Vermögen für die Errichtung einer Schwesternstation, die die Betreuung von Kindern und Jugendlichen, von alten Leuten und Kranken übernehmen sollte. Die Schwesternstation erhielt den Namen St. Gertrudisstift. Die Cellitinnen von der hl. Gertrud aus Düren, die, wie oben erwähnt, auch in Buir saßen und schon in Blatzheim tätig waren, übernahmen 1933 die Station und stellten anfangs fünf Schwestern.

Im Gertrudisstift waren seit 1933 folgende Einrichtungen untergebracht: die Schwesternstation, das Jugendheim, ein Weisenheim für etwa 10 Kinder, das bis 1961 geführt wurde, ein Altersheim mit 10 Plätzen, erweitert 1962 auf 14 und 1970 auf 19 Plätze, einen Kindergarten und die Landkrankenpflegestelle Blatzheim.

Das Gertrudisstift ist seit über 20 Jahren in Privatbesitz. Dem Stifterwillen wird noch immer Rechnung getragen. Der Kindergarten wurde verlagert und existiert noch. Die Mittel aus dem Verkauf des Gertrudisstiftes sind in dieses Kunibertus-Haus geflossen, in dem im Sinne der Stifter u. a. unsere Caritas hervorragende Arbeit leistet. Ein St. Gertrudisstiftfonds mit Geldmitteln und Ackerland aus diesem Fonds gibt es immer noch.

Zurück zum seit 1925 nachgewiesenen Caritas-Ausschuss. Dieser Ausschuss bestand auch in der nationalsozialistischen Zeit weiter. 1935 wird bei den Fragen zur Bischöflichen Visitation darauf hingewiesen, dass eine Dame und ein Herr dieses Ausschusses beim Winterhilfswerk der NSV - der nationalsozialistischen Volkswohlfahrt - mitwirkten. Für 1940 heißt es: "Der Pfarrcartiasausschuss arbeitet auch heute noch planmäßig und mit Erfolg. Persönliche Mitgliedschaft: 160 Mitglieder. Zusammenarbeit mit Wolhlfahrtsstellen ist nicht mehr möglich. 1946 besteht der Pfarrcaritasausschuss aus 8 Personen, und zum Caritasverband gehörten 160 Mitglieder.

Liebe Gäste, deutlich wurde bisher: auch in schwierigen Zeiten lebte die Caritas - die tätige Nächstenhilfe - in Blatzheim weiter. Viele Aufzeichnungen existieren hierüber nicht. Sicher ist jedoch, dass sich die Familie von Loe nach dem Krieg im caritativen Bereich sehr engagiert hat, hier vor allem die Baronin Paula von Loe, die auch andere Tätigkeiten für unsere alten Menschen initiierte: z. B. die Veranstaltungen im Saal von Baums mit Kaffee und Kuchen zur Weihnachtszeit, oder sie versuchte durch Fortbildungsveranstaltungen die alten Menschen aktiv zu halten.

Seit ca. 1970 bis 1981 leitete Lotte Schneppenheim die Caritas Blatzheim. Die Fortbildungsveranstaltungen wurden institutionalisiert mit ersten Seminaren in der Eifel. Die Verteilaktionen der Kölnischen Rundschau zu Weihnachten mussten auch in Blatzheim durchgeführt werden - es gab auch bei uns die armen, alten Witwen. Die erfolgreiche Caritasarbeit führten dann als Vorsitzende von 1981 bis 1989 Frau Elisabeth Kredig mit Hilfe ihrer Schwester Frau Armbrost fort und von 1989 bis 1990 Frau Weiers. Seit 1990, also mittlerweile also 15 Jahre, ist Frau Karin Lerschmacher die Vorsitzende der Blatzheim Caritas. Sie wurde von Pastor Helmut Johannes Smialek ernannt: "Machen Sie es, Frau Lerschmacher." Das, was in Blatzheim immer getan wurde, nämlich den armen und älteren Menschen zu helfen, steht auch heute noch im Vordergrund. Krankenbesuche werden gemacht, ein Hausbesuchsdienst ist eingerichtet, Päckchen werden verteilt, Bedürftige erhalten Unterstützung, so wie vor einigen Jahren ein Kommunionkind von der Caritas eingekleidet und auch sonst unterstützt wurde - Hilfe, über die zu Recht nicht gesprochen wird.

Eine hervorragende Leistung der Blatzheimer Caritas war es, am 3. Oktober 1995 hier im Kunibertushaus den Seniorentisch einzurichten. Gleichzeitig wurde auch das Jugendzentrum mit der TOT hier im Kunibertushaus gegründet. Genau solche Gründungen entsprechen auch dem Willen der Stifter des St. Gertrudisstiftes. Der Seniorentisch mit regelmäßig 20 bis 30 Essen ist meines Erachtens weniger wichtig wegen des günstigen Preises bei gutem Essen, sondern er dient der Kommunikation, er wirkt der Einsamkeit entgegen. Dazu passen natürlich die übrigen Veranstaltungen, die großartigen Karnevals- und Weihnachtsfeiern, die regelmäßigen Ausflüge, der gemeinsame Urlaub, die Kochkurse und Bastelnachmittage, der Skatclub, die Seniorengymnastik, die vor Jahren hier in diesem Hause stattfand, die monatlichen Seniorennachmittage mit aktuellen Themen oder Bezügen, wie z. B. St. Martin oder wenn die Firmlinge vorlesen.

Ich möchte es auf den Punkt bringen: die Blatzheimer Caritas ist für Geist, Seele und Körper tätig.

All dies und noch vieles mehr, wie z. B. die Haussammlungen, kann keine Vorsitzende alleine erledigen. Frau Lerschmacher hat an ihrer Seite an die 30 Helferinnen und Helfer, denen ich ebenfalls ganz herzlich für ihren Einsatz zum Wohle der Allgemeinheit, also für die tätige Nächstenliebe, danke. Namentlich erwähnen möchte ich Katharine Heinrichs, die über Jahrzehnte aktiv war und im letzten Jahr noch bei der Haussammlung die Türklinken geputzt hat.

Liebe Gäste, die Caritas-Arbeit ist heute teilweise anders als bei ihrer Gründung. Die Intention ist jedoch immer noch dieselbe: Dienst am Nächsten; Hilfe, wo es notwendig ist.

Ihnen, Frau Lerschmacher, ein herzliches Dankeschön, dass Sie diese Arbeit in Blatzheim positiv gestalten und weiter entwickelt haben. Ihnen, Frau Lerschmacher, und der gesamten Caritas Blatzheim: herzlichen Glückwunsch.